Gestern habt ihr Julia Kaiser im Steckbrief kennengelernt, aber das war natürlich noch nicht alles, wäre ja viel zu schade drum! Ich habe ein kleines Interview mit Julia geführt und meine drängendsten Fragen gestellt. Wie ist die Idee entstanden, wie kam es dazu, dass ihr einfach los gereist seid und wie entscheidet man sich, welche Plätze auf der weiten Welt man sehen möchte?
Macht es euch gemütlich, lasst euch entführen und nehmt euch Zeit für ein wunderschönes Interview!
Wie ist die Idee zu deinem/eurem Sabbatical entstanden?
Julia: Aus Reiselust, einer once-in-a-lifetime Gelegenheit und kindischem Vergnügen an gemeinsamen Projekten heraus.
Wie haben Arbeitgeber, Freunde & Familie auf die Idee reagiert?
Julia: Überrascht, begeistert und unterstützend.
Welche Tipps kannst du anderen für die Organisation einer solchen Reise vorab geben?
- Sich entscheiden es zu machen: es lohnt sich!
- Sich entspannen: Auch wenn es auf den Blick viel erscheint, im Grunde hält sich der organisatorische Aufwand doch in Grenzen (wir haben die Reise recht kurzfristig auf die Beine gestellt und es hat alles bestens geklappt!)
- Priorisieren: Eine Master-Liste mit den essentiellen ToDos (Arbeitgeber Bescheid geben, Wohnung kündigen/untervermieten, Impfungen überprüfen etc.) hilft, keine wichtigen Fristen zu verpassen.
- Vorfreude schüren: Reiseblogs abonnieren, Reiseführer ausleihen, Dokus gucken, Freunde befragen etc.
- Sieh dem Budget ins Auge: Welches durchschnittliche Tagesbudget kann ich mir leisten? Welche „Sonderwünsche“ stehen bei mir hoch im Kurs, die ich zusätzlich berücksichtigen „muss“ (Vulkan besteigen, Tauchen, Segeltörn etc.)?
- Hilf den Budget auf die Sprünge: Eine Weltreise ist wahnsinnig teuer, daher frühzeitig überflüssiges Hab und Gut verkaufen, das man nach der Reise nur noch weniger braucht, hätten wir das mal ausgiebig gemacht!), Sonderkonditionen für „große“ Buchungen prüfen (Around the world Ticket, Campervan etc. vorab buchen), sich bei Ausgaben im Alltag zurückhalten („Brauche ich das jetzt wirklich?“ Das Buch „No Shopping“ von Judith Levine ist dabei eine hilfreiche Begleitlektüre).
- Willkommenspaket packen: Von nützlichen Dingen wie Wintermantel und neuer Zahnpasta bis hin zum Lieblingsschal und einer geschätzten Lektüre – ein solches Schätzchen macht den Wiedereinstieg viel schöner!
- Auf Etappenziele anstoßen und sich entspannen: bis zum Abflug ist alles geschafft (wer sich darum sorgt: einfach wieder bei 1. anfangen)
Welche Kamera(-ausrüstung) hast du für deine Reise genutzt?
Julia: Wir waren mit einer Olympus OMD 10, einer GoPro und den Handy-Kameras unterwegs.
Wie hast du die Auszeit/die Reise finanziell organisiert?
Julia: Das frage ich mich zuweilen auch ;)
Wie bist du bei der Auswahl der Reiseziele vorgegangen?
Julia: Wir haben uns von einer großen Portion Neugierde, Sehnsucht und Abenteuerlust, von einem halben Pfund Budget sowie einem Quäntchen Wetterprognosen leiten lassen.
Hast du dich vorher auf Blogs informiert? Wenn ja, welche Blogs hast du gelesen?
Julia: Natürlich, ich habe gefühlt alle Reiseblogs rauf und runter gelesen.
Was waren unterwegs (oder auch davor bzw. danach) die größten Herausforderungen?
Eine der größten Herausforderung vor der Reise:
Ein kalkulierter Umgang mit unkalkulierbarer Angst: Bombenattentat in Bangkok, eine Woche vor unserem Abflug, genau gegenüber von unserem Hotel. Das sitzt. Wir informieren uns, wir grübeln, wir befragen Freunde, unsere Familie, das Reisebüro. Das mulmige Gefühl zur falschen Zeit am falschen Ort sein zu können bleibt. Wir ziehen die Statistik zu Rate und stellen fest, das Problem ist ein psychologisches. Es hilft, sich die Wahrscheinlichkeit bewusst zu machen und darüber nachzudenken, was es bedeutet, sich durch solche Meldungen in seiner Freiheit maßgeblich einschränken zu lassen oder eben nicht. Es sind keine leichten Überlegungen, aber lohnenswerte, denn auch unterwegs sollten wir immer mal wieder darauf zurückkommen.
Die größten Herausforderungen unterwegs:
Die Entwicklung einer unerschütterlichen Gelassenheit: Ob bei stundenlangen Verzögerungen in Jakarta am Flughafen, Reifenpannen, bemitleidenswerten Hocktoiletten, Fehlinformationen von unfähigen, aber bestechlichen „Immigrasi“-Beamten in Bali, Fehlinformationen von unfähigen, aber unbestechlichen Grenzbeamten in Neuseeland, dem Anblick von Neonreklame in Kuta, dem Anblick von Müllbergen auf Derawan, so teuer wie mittelmäßigen Ausflügen in Australien, krebsroten und gröhlenden Full-Moon-Party-Gängern in Thailand oder schlicht der xten ungewollten Planänderung – unterwegs bietet sich einem ein Gelassenheitstraining as its best! Hier hilft nur trainieren, trainieren, trainieren!
Die Überwindung eigener Vorstellungen: Manchmal stimmt die innere Vorstellung partout nicht mit der Realität überein. Hier hilft nur eins: In sich gehen, die lästige Erwartungshaltung so gut es geht abschütteln und das Beste aus der Situation machen.
Das Einplanen von „Auszeiten“: ein wahrer Herausforderungs-Koloss, aber gerade auf einer langen Reise gilt: Die ganzen Eindrücke wollen nicht nur erlebt, sondern auch verarbeitet werden. Das Problem dabei: Selbst am entlegensten Winkel der Welt gibt es Spannendes zu entdecken. Daher bewusst hin und wieder Ziele wie eine einsame Bucht ansteuern, um gezielt einen Gang runterzuschalten, sich nicht kirre machen zu lassen und ein paar Tage lang das „weniger ist mehr“ zu genießen.
Was hat sich nach dem Sabbatical verändert?
Julia: Bisher: das Weltbild (wie auch nicht!), das Bedürfnis nach Weite, frischer Luft und Sonne, die Bereitschaft, mit vielen Dingen in einer Wohnung zu leben (bisher haben wir nicht einmal die Hälfte der Kartons wieder ausgepackt und davon gefühlt wiederum die Hälfte weggeschmissen oder in die Altkleidersammlung gegeben), das wunderbare Gefühl, was es bedeutet, seinen Lieben auch örtlich (wieder) nah zu sein!
Würdest du es wieder tun?
Julia: Auf jeden Fall!
Würdest du nach dem Sabbatical gern fernab von Deutschland leben oder bleibt Deutschland deine Homebase?
Julia: Wir haben viele Lebenskonzepte kennengelernt, die durchaus verlockend wirken, aber erstmal sind wir wieder da!
Hach, und wie schön, dass du wieder da bist, liebe Julia!
Und wie schön, dass wir uns erst vor kurzem so spontan und unverhofft über den Weg gelaufen sind;-)
Und noch schöner, dass du mir dieses Interview gegeben hast.