Gestern habe ich euch das Yogaloft in Flingern vorgestellt und schon ein bisschen was zu Studioinhaberin Birgit Damisch und ihrem neuen Stundenformat „Healing Yoga“ erzählt. Viel besser ist es natürlich, wenn Birgit selbst ein bisschen berichtet und uns an ihrer Yogaerfahrung teilhaben lässt. Denn die spürst du als Schüler in jeder Stunde. In ihren Worten, den Mantren oder den wunderbaren Assits. Birgit ist für mich eine der Lehrerinnen, die Yoga spürbar macht, jede Stunde ist ein Garant (auch wenn das ein blödes Wort ist), ein Ankommen und Wohlfühlen. Ich mag es, wenn ich von der Lebens- und Yogaerfahrung eines Lehrers lernen und zehren kann.
1) Liebe Birgit, wie und wann bist du zum Yoga gekommen?
Birgit: Ich bin zufällig in einem Yogakurs gelandet. Als gestresste Werberin hatte ich vor nach langer Zeit mal wieder ein Fitnessstudio zu besuchen. Dem Kursplan nach sollte ein Bauch-Beine-Po Kurs laufen. Ich machte ausnahmsweise mal „früh“ um 20.30 Uhr Feierabend, um pünktlich zum Kurs da zu sein. Als ich dort eintraf war noch keiner da. Ich wartete vor der Tür und langsam füllte sich der Raum. Das eigenartige war, dass sich alle in einem Kreis formierten, eine Matte ausrollten und barfuss waren. Das kam mir merkwürdig vor und ich fragte, was denn das für ein Kurs sei. „Yoga“, war die freundliche Antwort eines älteren Mannes, so um die 60. Oh Gott! Auch das noch. Mir war danach sofort wieder rauszulaufen. Das war mir aber zu peinlich, alos blieb ich.
Dann ging es los. Ein Lied wurde angestimmt, wie ich jetzt weiß, heißt das Mantra. Ich verstand nix und konnte mir die Worte auch nicht merken, um mitzusingen, was mir auch zu peinlich war. Die Übungen waren super. Ich hatte viel Spaß an den komplizierten Haltungen und merkte schnell, wie verkürzt meine Muskeln, Bänder und Sehnen waren. Die Stunde verging wie im Fluge. Savasana am Ende fand ich völlig überflüssig. Ich komme aus dem Leistungssport, von Entspannung war bei mir keine Spur, ich wartete einfach bis es vorbei war. Diese Stunde hat mich trotzdem irgendwie fasziniert. Es fühlte sich anders an als Sport und ich ging von nun an wöchentlich in den Sivananda-Yogakurs. Nach ein paar Wochen kam eine Vertretung und die hat nicht gesungen, da habe ich gemerkt, dass mir was fehlte. Auch Savasana hatte ich bis dahin perfektioniert und wollte gar nicht mehr aufstehen. Alles unter zehn Minuten fand ich viel zu kurz.
Yoga hatte mich gepackt und ich wollte unbedingt mehr darüber erfahren. Ich besuchte andere Kurse wie Power-Ashtanga und Iyenger-Yoga. Das hat mich aber nicht so gefesselt, da es mir zu physisch war. Ich wollte den Kick von der Energie, die ich beim Sivananda-Yoga gespürt habe. Nach einem halben Jahr war mein Denken und Handeln schon so von Yoga geprägt, dass ich meinen Job kündigte, um eine Auszeit zu nehmen. Ich machte meine Yogalehrerausbildung in der Tradition von Swami Sivananda gekoppelt mit einem Training des self knowledge von Swami Suddhananda aus Südindien. Diese Ausbildung hat mein Leben verändert. Meine ganze Sichtweise der Welt, die Beziehung zu mir selbst, meine Ernährung, den Umgang mit anderen und so viel mehr. Nach meiner Rückkehr suchte ich mir ein Sivananda-Center in meiner Stadt und besuchte regelmäßig 4-5 Kurse die Woche und begann meine ehemaligen Arbeitskollegen zu unterrichten. Nach zwei Jahren beschloss ich, der Liebe wegen, aus meiner Heimatstadt Hamburg nach Düsseldorf zu ziehen. Ich fand es furchtbar. Die Stadt kam mir schrecklich hässlich vor, der Job war derselbe den ich vor zwei Jahren gekündigt hatte. Es gab nur Vinyasa-Yoga, was mir wie Aerobic erschien und ich war das erste Mal nach langer Zeit unglücklich.
Ich fing an nach kleinen Locations zu suchen, um dort Freunde und Kollegen zu unterrichten und immer wieder wurden mir Räume in der Hildebrandtstr. in Friedrichstadt vorgeschlagen. Eigentlich viel zu groß und viel zu teuer, für das was ich vorhatte. Aber mir war langweilig, ich machte einen Termin und bat meinen Partner mich zu begleiten. Das war’s! Als wir in der Location standen, schauten wir uns an und ich wusste was ich zu tun hatte. Ich machte mein eigenes Yogastudio auf! Warum auch nicht. Eine Stadt in der ich seit drei Monaten lebte, die mir nicht gefiel, ohne Kontakte … Ein Projekt, dass die Banken als unsicher betrachteten. Ich ließ mich aber nicht mehr bremsen, kündigte erneut meinen Job, überzeugte die Bank, aktivierte meine Familie und renovierte die Bruchbude zu einem ca. 180 qm großen schnuckeligen Yoga-Studio.
Die ersten Wochen waren hart, aber ich hielt durch und mein Studio, damals hieß es YOGA9, weil es in der Hildebrandtstr. 9 war, füllte sich mit tollen Menschen und Lehrern. Anfangs unterrichtete ich ausschließlich Yoga nach Sivananda, aber das war mir einfach zu dogmatisch und zu einseitig. Also schaute ich mich wieder um und machte Bekanntschaft mit Jivamukti-Yoga. Das hat mich anfangs total geflasht. Es war viel körperlicher und vielseitiger als Sivananda gleichzeitig aber so spirituell wie Sivananda. Es wurde gesungen und philosophiert, das hat mir gefallen. Ein guter Mix aus alter Tradition und moderner Bewegung. Ich machte viele Workshops und Fortbildungen und mir wurde klar, dass mir die Lehre trotzdem zu dogmatisch war. Es gab Trademark und Richtlinien, wie man Stunden halten sollte. All das ist mir als freiheitsliebender Mensch zu viel Vorschrift. Ich machte unzählige Fortbildungen in Ashtanga, Iyenger und Vinyasa und fing an all das, was ich in den verschiedenen Traditionen gut fand, zu unterrichten.
„Es hat keinen bestimmten Namen, es ist einfach Yoga – etwas heilendes.“
Nicht die körperliche Leistung steht im Vordergrund, sondern mit all der Bewegung im Yoga dahin zu finden, dass man sich mag, besser noch sich liebt.
2014 zogen wir von der Hildebrandtstr. in die Corneliusstr. und aus YOGA9 wurde das yogaloft Düsseldorf welches im Oktober 2016 auch in Flingern eröffnet hat.
2) Was hat sich ganz persönlich in deinem Leben durch Yoga verändert?
Birgit: Yoga hat mein Leben ganz schön auf den Kopf gestellt. Eigentlich habe ich fast alles in meinem Leben geändert. Ich bin direkt nach der ersten Ausbildung Vegetarierin geworden. Ich sah irgendwann den Sinn nicht mehr in der Werbung zu arbeiten und habe mit dem Umzug nach Düsseldorf meinen Job geschmissen und mein eigenes Yogastudio aufgemacht.
„Insgesamt hat mich Yoga wesentlich ruhiger und weitsichtiger gemacht. Ich vertraue mehr dem Fluß des Lebens. Insgesamt habe ich mehr Vertrauen zu mir selbst.“
3) Ich glaube wir sind uns einig, dass Yoga in der heutigen Zeit wichtiger denn je ist. Warum ist das deiner Meinung nach so?
Birgit: Die Philosophie des Yoga war schon immer wichtig. Nur leider war sie früher nicht jedem zugänglich. Heute kann im Prinzip jeder Yoga machen, nur die Intention ist oft total unterschiedlich. Der eine übt für einen knackigen Po oder als Sportersatz und andere haben die Weisheit des Yoga erkannt und streben nach mehr Miteinander, Mitgefühl, der Einheit – die Yoga beschreibt. Von daher ist es mir wichtig auch den philosophischen, geistigen Teil des Yoga zu vermitteln. Was nützt uns eine tolle Figur, wenn wir uns nur streiten.
4) Gibt es einen Yogalehrer, einen Yoga-Stil, der dich besonders inspiriert und geprägt hat?
Birgit: Swami Sivananda hat mich von Anfang an inspiriert. Seine Lehren sind voller Mitgefühl und Güte. Er muss ein sehr Weiser Mann gewesen sein. Die Asanas im Sivananda-Yoga sind mir aber zu dogmatisch. Ich mixe die Stile sehr gerne.
5) Warum Yoga, immer wieder und jeden Tag?
Birgit: Ich finde nicht, dass wir jeden Tag Asanas machen müssen, aber wir sollten jeden Tag Yoga machen. In den Schriften lesen, meditieren, Atemübungen durchführen und uns selbst studieren, um unsere Gedanken zu verstehen und richtig nutzen zu können.
„Yoga macht uns friedlicher, wo auch immer jeder einzelne seinen Fokus drauf legt.“
6) Du unterrichtest seit vielen Jahren, bist Studiobesitzerin und hast gerade sogar ein zweites Studio eröffnet. Wie fühlt sich das an? Was hat sich durch all diese Schritte an deiner eigenen Praxis verändert?
Birgit: Es fühlt sich jeden Tag großartig an! Ich liebe es durch meine und die Arbeit meiner Lehrer mehr Frieden in der Welt zu stiften. Meine Praxis hat sich durch die Jahre immer mal wieder verändert. Ich lasse mich da eher treiben und schaue, was braucht mein Körper, was mein Geist. Ich stresse mich nicht, nur um ein paar Asanas zu machen. Wenn ich Zeit habe, gibt es das volle Programm und sonst mache ich das, was ich gerade am dringendsten brauche.
7) Wie bleibt man sich und dem Yoga zwischen Business, Geld verdienen & Studioleitung (was ja eine große Verantwortung bedeutet) am besten treu?
Birgit: Indem man so ist, wie man ist. Wenn du etwas mit Liebe machst, ist es egal, was du tust.
8) Es gibt ein neues Stundenformat auf dem vielseitigen Kursplan des Yogaloft: „Healing Yoga“. Ich bin schon jetzt großer Fan. Was hat es damit auf sich und was ist das Besondere daran?
Birgit: Im Healing Yoga möchte ich mehr auf den energetischen Körper eingehen. Das Bewusstsein dafür entwickeln, dass es mehr gibt als das, was wir sehen können. Das diese Energien etwas bewirken und nur durch die ganzheitliche Achtsamkeit Heilung entsteht.
„Ich möchte die Menschen von innen nach außen strahlen sehen.“ :-)
9) Warum kehrst du mit diesem Format gefühlt zurück zu deinen Wurzeln?
Birgit: Das Leben ist ein stetiger Wechsel. Jede Phase braucht eine andere Aufmerksamkeit. Ich musste zwischendrin meinen Körper deutlicher spüren um zu erkennen, dass das bei weitem nicht ausreicht. Wusste ich schon vorher mal, hatte es aber etwas zurückgedrängt. Durch das sehr sportliche Yoga, was in den meisten Studios angeboten wird, hatte ich meine Wurzeln etwas vernachlässigt. Ich glaube, wir alle brauchen mehr Healing fürs Herz.
10) Was bringt dich aus der Ruhe?
Birgit: Lügen, Gewalt und wenn jemandem alles egal ist.
11) Wie kommst du am besten wieder runter? Hast du einen Tipp für die Leser?
Birgit: Ich nehme mir Zeit für mich. Manchmal gehe ich mit meinem Hund lange spazieren, oder ich mache eine Sivananda-Stunde, die erdet mich immer am meisten. Mach wozu du Lust hast und nicht, was du meinst leisten zu müssen.
12) Welcher berühmten Persönlichkeit würdest du gerne mal eine Privatstunde Yoga geben?
Birgit: Hm, da musste ich lange drüber nachdenken. Angela Merkel, wenn sie Lust hat. Aber eigentlich jedem, der Lust hat mit mir Yoga zu machen.
13) Gibt es ein Buch, einen Satz oder ein Statement, dass dein Leben verändert hat?
Birgit: Osho, Das Yogabuch. Die Geburt des Individuums.
„Sei realistisch, plane ein Wunder“
Osho
Liebe Birgit, ich danke dir sehr für das schöne Interview, deine Lehre und deine Offenheit!