An einem Sonntag tat ich zwei verrückte Dinge in Sachen Reizüberflutung: Erstens, ich fuhr zu Dubai-Mall (das ist die größte Shopping-Mall hier in Dubai und ich meide sie wann immer es geht) und zweitens, ich meldete mich für Barry’s Bootcamp an. Es ist laut, es wird geschwitzt, es ist ein Bootcamp, wie der Name schon sagt, und ich glaub ich würde es wieder tun.
Mein erstes Mal
Aber von vorn: Barry’s Bootcamp kommt aus LA, woher auch sonst und ist der heiße Scheiß in Fitnesskreisen. Ich probiere gern Neues aus, wenn es um Sport geht. Hier in Dubai boomt alles, was Bewegung bringt. Von Surfen über Crossfit, Yoga, Pilates, Laufen und eben Barry’s Bootcamp. Ich habe in einem Online-Magazin davon gelesen und nach intensiver Recherche der Website („The best Workout in the world“) und dem Programm (All body, Arme, Po, Beine & Bauch) entschieden, das probiere ich aus. Denn schon Swami Sivananda wusste: Der Yogi muss was für seine Kondition tun, die wird nämlich im Yoga etwas vernachlässigt.
In Dubai ist das immer so ne Sache, wenn man zum ersten Mal wohin fährt, wo man noch nicht war und so bin ich erst mal ne halbe Stunde immer um das Bootcamp herum gecruist. Normalerweise meldet man sich vorher an, das hat bei mir nicht funktioniert, daher habe ich unterwegs kurz angerufen und erfahren, dass noch Plätze frei sind und ich bzw. wir (denn den Mann habe ich auch eingepackt) auf dem Boden starten. Ob, das wohl ok wäre? Keine Ahnung was das zu bedeuten hat, aber ja passt. Kleines Schläfchen am Anfang vielleicht?
Auf der Website lese ich: „This is the room where everything becomes possible. Where you push through the “I can’t’s” and “If Only’s.” Das finde ich gut und gefällt mir, habe ich doch glatt eine Yogastunde zum Thema „Lift your higher potential“ geplant, prima wenn ich mich vorab selbst etwas upflifte. Nett sieht das aus in Barry’s Bootcamps-Eingangshalle – es gibt eine Smoothietheke, Bekleidung zu kaufen und eine Ecke, in der viele sportliche Menschen auf den Einlass in die heilige Bootcamp-Halle warten. Der Mensch an der Rezeption teilt uns eine Nummer zu. Ich bin F11, das ist mein Platz am Boden und auf dem Laufband. Aha, es gibt Laufbänder. Auf der Theke stehen Haargummis und Ohrstöpsel. Ui, denke ich entweder wird es laut oder sollen die Dingerden Schweiß in meinen Ohren aufsaugen? Der freundliche Fitness-Mensch am Tresen empfiehlt uns, einen Smoothie für danach vorzubestellen, das ginge schneller. Ok, machen wir das (ihr lest es schon, ich war an dem Abend ganz willig und für alles bereit.) Wir wählen „Bascially Air“, danach brauche man kein Abendessen mehr, es sei alles wichtige drin. (Das und den Namen des Drinks finde ich bescheuert.)
Hight-Intensity-Training ohne Zuckerwatte
In der Umkleide angekommen, möchte ich am liebsten dort bleiben. So schön groß, so geräumig, so hübsche Duschen. Das hat sich jedoch schnell erledigt, denn auf einmal strömen unglaublich viele Frauen herein, das vorherige Bootcamp ist zu Ende. Oha, die sehen nass und fertig aus. Schon düse ich los Richtung Bootcamp-Halle. Am Eingang werden wir von Instructor Barry (die heißen hier wohl alle so?) mit Handschlag begrüßt. In dem dunklen Raum stehen ca. 20 Laufbänder an den Seiten und in der Mitte des Raumes diese Step-Dinger (ihr wisst schon diese kleinen Treppen, auf denen man beim Step Aerobic drauf rumturnt), es ist laut und dunkel.
Mein erster Gedanke: Wo geht’s denn hier zum Autosscooter? Ist wie Kirmes nur ohne Zuckerwatte. Alles wuselt herum, sucht seinen Patz, ich werde ganz nervös. Der Instructor erkennt sofort ich bin neu (das finde ich gut, denn dann kann der mich anweisen und mir sagen, was hier los ist in dieser verrückten Disko-Halle) und schickt mich zum Gewichte holen. Ich kehre zurück und muss noch mal neu, das sei zu wenig. Gut, ich lade auf und dann geht’s auch schon los.
In Kürze erklärt, ist Barry’s Bootcamp ein effektives High-Intensity Training in 50 Minuten. Man startet am Laufband oder am Boden. Die meisten reservieren vorab fürs Laufband. Am Boden starten wir an diesem Tag im „All Body“-Training mit Squats, es folgen Arme, Schultern … eigentlich alles. Es ist verrückt laut. Oh Gott, ich werde alt. Ich kann das etwas nachvollziehen mit den Ohrstöpseln. Es ist anstrengend und der Bootcamp-Barrie hat so ein kleines lustiges Mikro an der Backe (das hat irgendwie immer was von Sekretärin) und schreit. Ich verstehe trotzdem kein Wort, von dem was der Kerl sagt, muss aber dauernd lachen, weil es so anstrengend, skurril und irgendwie gut ist.
Then there’s the “thing” that happens when the doors close, lights dim, and music turns up. There’s a palpable energy in the room that pushes you one step further.
Ein Hauch von Nichts
Und zack ist das Bodenworkout auch schon beendet. Gewichte weg bringen und rauf auf’s Laufband. Es ist dunkel ich finde meine Nummer F11 gar nicht, der Mann lacht mich aus, ich bin wirklich ein bisschen wie eine alte Frau. Ich freue mich auf’s Laufen in dem Moment. Interessant wie kurz Freude sein kann, denn das Band unter meinen Füßen ist so schnell, ich mutiere innerhalb von Sekunden zum keuchenden Hamster. Intervalltraining mit hoher Geschwindigkeit. Das ist nicht so meine Stärke, ich laufe schon ganz gern und weiß, dass ich neben meiner Yogapraxis auch auf die Kondition achten muss, aber so schnell? Beim zweiten Intervall kommt Bootcamp-Barry angeschossen und klickt mich einfach mal auf 4% Steigung hoch. (Hatte ich gesagt, dass ich es gut finde, dass der mich anweisen kann? Nehme ich zurück). Nach diesem wahnwitzigen Intervalltraining geht’s zurück auf den Boden. Liegestütz, Plank und diverse Scherze, dann wieder auf’s Laufband.
Nach 50 Minuten dürfen wir raus ins Leben, an die Luft und unter die hübsche Dusche. Das Duschgel ist lila, irgendwie ist hier alles etwas anders. Mein Gesicht rot, das ergänzt sich. Draußen an der Theke wartet der „Basically Air“-Drink (sozusagen ein Hauch von Nichts, gibt’s auch in vegan). Joah, mit einem Lobgesang kann ich den jetzt nicht feiern bei den Preisen, aber in dem Moment hätte ich auch Sauerkrautsaft geext. Barry’s Bootcamp ist laut, anstrengend und bringt einen an die eigenen Grenzen. Ideal für alle, die sich zum Beispiel auf einen längeren Lauf wie einen Halbmarathon vorbereiten oder für alle, die ihre Kondition verbessern möchten. Dreimal die Woche kann ich mir das nicht vorstellen, aber als Ergänzung ab und an, warum nicht?
Ach so, zu Hause habe ich mir erstmal ne Avocado-Pumpernickel-Stulle gemacht. „Basically Avocado“ sozusagen.
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