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Interview mit Maren Brand & Christina Lobe: Sieben Schlüssel für einen guten Yogaunterricht

Es gibt Bücher, da weiß man schon auf den ersten Seiten, dass man einen großen Schatz in den Händen hält. Ein Buch, das man immer wieder in die Hände nehmen wird, das einen begleitet, zum Nachschlagewerk wird und der eigenen Reflexion dient. Die Yogalehrerinnen Christina Lobe und Maren Brand haben gemeinsam das Buch „Yoga Lehren – Die sieben Schlüssel für einen guten Yogaunterricht“ geschrieben und damit einen solchen Schatz geschaffen. Das Arbeits- und Praxisbuch zeigt Yogalehrern, wie sie den Lehrstoff aus der Ausbildung in einen kreativen Unterricht umsetzen können. Dabei geht es vor allem darum die eigene Stimme zu finden und mit dem eigenen Yogaunterricht  ein individuelles Kunstwerk zu schaffen.

Wie ist die Idee zu eurem Buch „Yoga Lehren“ entstanden?

Tina: “Seit 2013 unterrichte ich Lehrerausbildungen. Es war an Ostern im letzten Jahr, als ich nach einem abgeschlossenen Training mit einem Kaffee auf der Terrasse eines Freundes in Italien sass. Mir gingen noch die Fragen und Wünsche der Teilnehmer durch den Kopf. Ganz plötzlich und wie eine Aufforderung zeichnete sich ein Bild eines Buches in meinen Gedanken ab. Nach einer Grundausbildung von 200 Stunden haben die Teilnehmer schon einiges an Werkzeug in der Hand und trotzdem erscheint der Sprung in das tatsächliche Unterrichten oft wie in kaltes Wasser. Daher die Idee ein Buch zu gestalten, dass strukturiert die Themen, die uns als Yogalehrer beschäftigen aufarbeitet und einen Leitfaden an die Hand gibt, der jeden individuell auf seinem Weg unterstützt. In meiner Begeisterung von dieser Idee rief ich unmittelbar Maren an….. “

Maren: “…und mir gefiel die Buchidee sofort! Ein solches Buch hatte es bis dato nicht gegeben und bietet einen wirklichen Mehrwert für die LeserInnen/YogalehrerInnen. Es war in mir also sofort ein ganz großes JA zu diesem Projekt da. Es hat dann ca. 1,5 Jahre gedauert vom Zeitpunkt als wir den Buchvertrag unterschrieben haben über das Schreiben und Gestalten, bis das Buch dann Ende September diesen Jahres aus der Druckerei gekommen ist und seinen Weg in den Buchhandel gefunden hat. Ein schönes Gefühl, das Buch jetzt in den Händen zu halten und zu sehen, wie es seinen Weg geht.

„Unser Wunsch ist es, dass das Buch ein Begleiter und eine Inspirationsquelle für viele YogalehrerInnen wird.”

Was sind eurer Erfahrung nach die größten „Stolpersteine“ für junge Yogalehrer?

Yoga zu lehren ist ein Prozess. Was leicht aussieht, ist in Wahrheit das Ergebnis von viel Erfahrung, Disziplin und Praxis. Mit unserem Buch möchten wir (nicht nur junge) Yogalehrer ermutigen, ihren eigenen Weg und ihre persönliche und authentische Stimme zu finden und zu verfeinern. Unsere Empfehlung ist es, sich auf dem Weg zum Yogalehrer Zeit zu lassen. Die Yogalehrerausbildung an sich macht noch keinen guten Yogalehrer aus dir. Es ist so wertvoll SchülerIn zu sein, bei unterschiedlichen Lehrern intensiv zu praktizieren, zu studieren und eigene Erfahrungen zu machen. Es ist auch sinnvoll verschiedene Stile kennenzulernen und dadurch mehr und mehr zu dem zu finden, wie und was man selbst gerne unterrichten möchte.

Im Buch schreibt ihr „Je intensiver man übt, desto heller leuchtet die Flamme“. Warum glaubt ihr, verlieren so viele Yogalehrer den Bezug zur eigenen Praxis?

Das hat zwei Gründe: Der Erste ist ein ganz praktischer und wohl der häufigste. Yoga zu unterrichten kostet Zeit. Nebenberuflich wird das Unterrichten oft in die wenige noch freie Zeit neben dem Job gepackt. Hauptberuflich bedarf es eines großen Einsatz um davon Leben zu können. Da fällt die eigene  Praxis als erstes über Bord.
Der zweite Grund mag sein, dass wir uns als Lehrer  in den Hintergrund stellen und alles dafür tun, um gut vorbereitet in die Klassen zu gehen. Das die beste Vorbereitung die eigene Praxis ist, rückt dabei aus dem Fokus. Dass das Lehrer-Sein auch ein Schüler-Sein braucht, wird vergessen. Dabei ist es ein Geschenk die eigene Praxis zu haben. Wir würden allen empfehlen, die manchmal mit der eigenen Praxis hadern, den Druck rauszunehmen. Die Yogapraxis darf als erstes den eigenen Bedürfnissen angepasst werden, soll dir gut tun und Freude machen. Davon ausgehend, wird sie sich deinen Lebensphasen anpassen und wieder zu einem guten Freund werden.

Ihr berichtet von anfänglichem Lampenfieber beim Unterrichten. Was ist euer Tipp für alle Lehrer, die ebenfalls damit zu kämpfen zu haben?

Ein wichtiger Tipp ist, sich zu vor dem Unterrichten ein paar Augenblicke zu nehmen um sich zu erden, zu sammeln und tief durch zu atmen. Eine gute Idee ist es, sich daran zu erinnern, dass wir als Lehrer letztendlich ein Kanal für die Lehre sind und dass es beim Yogaunterricht weniger um uns, als vor allem um die Yogaschüler geht.
Wenn wir angebunden sind, die Verbindung zum Höheren aufgebaut haben, dann ist da eine sehr unterstützende und tragende Energie präsent. Gerade am Anfang der Yogakarriere ist eine gute Vorbereitung auf den Unterricht sehr hilfreich. Mit diesem “Fahrplan” lässt es sich sicher durch den Unterricht navigieren. Auch die Erinnerung an unseren eigenen persönlichen Lehrer-Sankalpa kann uns beim Lampenfieber wieder mit dem Grund verbinden, warum wir Yoga unterrichten und so in unserer Präsenz stärken.

Wie wichtig ist für Yogalehrer die eigene Selbstfürsorge? Das Gerücht Yoga unterrichten sei ein entspannter Job hält sich ja hartnäckig.

Mit der Selbstfürsorge verhält es sich ähnlich wie mit der eigenen Praxis. Aus der Fülle lässt sich gut geben, aus dem Mangel sehr schwierig. Als Erstes ist es wichtig herauszufinden, wo wir Energie verlieren und was uns übermäßig erschöpft. So wissen wir wo wir achtsam sein müssen. Dann ist Selbstfürsorge ein Ausdruck von Selbstliebe. Diese ist essentiell, um auch die Liebe den SchülerInnen gegenüber zum Ausdruck zu bringen, genauso, wie sie ein wichtiger Teil unserer eigenen Praxis ist. In unserem Buch haben wir einige Ideen und Inspirationen aufgelistet, die Selbstfürsorge zu einem festen Bestandteil deines Lebens machen.

„Liebe und universelle Liebe gehört in die spirituelle Praxis – sie öffnet das Herz und erlaubt den Zugang zum Herz.“

Viele Lehrer unterrichten nebenberuflich, auch weil es schwer ist sich mit Unterrichten über Wasser zu halten. Wie steht ihr dazu? 

Maren: “Da ich Respekt vor der Selbstständigkeit hatte, habe ich Yoga viele Jahre nebenberuflich unterrichtet. Für mich war das der richtige Weg: so war es nicht wichtig, dass ich ich mit dem Yoga Geld verdiente – es ging mir nur ums Unterrichten an sich und darum, Erfahrungen zu sammeln. Irgendwann war der Wunsch dann aber so groß, mehr zu unterrichten, dass ich den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt habe. Heute freue ich mich darüber, voll und ganz meiner Leidenschaft nachgehen zu können. Ich denke aber, dass das eine sehr individuelle Entscheidung ist und von vielen Faktoren abhängig ist. Nebenberuflich Yoga zu unterrichten ist eine wunderbare Sache: Durch den Hauptjob ist man finanziell abgesichert, was einem für das Unterrichten viel Freiheit schenkt. Gleichzeitig hat man nicht so viel Zeit, um mehr Yoga anzubieten.“

Tina:”Bei mir verhielt es sich etwas anders. Ich habe das erste Jahr nach der Yogalehrerausbildung noch nebenbei gejobbt und dann ziemlich schnell “nur” noch Yoga unterrichtet. Es ergab sich, dass ich gut zu tun hatte und somit recht schnell vom Yoga leben konnte. Für mich war das der richtige Weg und Einstieg. Ich hatte immer und von Anfang an, das tiefe Gefühl, dass diese Entscheidung richtig ist. Ich war angekommen in und bei dem was ich wirklich machen wollte. Doch wie Maren schon sagte, ist das eine sehr individuelle Entscheidung.”

Was tut ihr, um euch selbst ganz bewusst Pausen zu gönnen? Wie tankt ihr auf?

Tina: “Da ich viel reise, für Workshops, Trainings und Konferenzen viel unterwegs bin, habe ich meist sehr intensive Arbeitsphasen. In diesen Phasen gibt es nicht viele Pausen. Erholung muss hier also sehr effektiv passieren. Ich stütze mich mit ausreichend Schlaf, mal einer Massage, Spaziergängen, der eigenen Praxis und bewusstem Allein-Sein. Dafür nehme ich mir im Sommer eine längere Pause in der ich nicht unterrichte. Ich bin dann viel in der Natur, gerne nur mit den allerliebsten zusammen und ziehe  mich zurück. Auch im Winter mache ich eine solche Pause. Dazu bin ich aufgrund meines Sohnes an die Schulferien gebunden. Diese sind eine regelmäßige Unterbrechung und immer eine wertvolle und erdende Zeit für mich und meine Familie.”

Maren: “Im Idealfall schaffe ich es, mir -unabhängig von meiner Praxis- jeden Tag ein bißchen Zeit nur für mich zu nehmen. Was ich in dieser Zeit mache, ist sehr unterschiedlich – je nach Energielevel und Bedürfnis. Aber das mit mir allein sein ist mir sehr wichtig. Auftanken kann ich besonders gut in der Natur, am und im Wasser, auf dem Rad und mit Freunden und Familie. Unterrichtspausen machen den Kopf frei. Ich bin selbst aber auch noch im Prozess eine gute Balance zu finden zwischen Unterrichten, Studieren und auch einfach mal nichts tun…”

Ich fand es hilfreich zu lesen, dass man im Unterricht das „Rad des Yoga“ nicht neu erfinden Wie und wo findet ihr regelmäßige Inspiration?

Das Leben an sich liefert jeden Tag aufs Neue Inspiration für den Unterricht. Gute Gespräche, Bücher, Filme, Musik … Die eigene Yogapraxis, das Besuchen von Workshops und Weiterbildungen. Das Feld des Yoga ist ja so weit. Man lernt nie aus und bleibt selbst immer Schüler.

Könnt ihr das Prinzip des „Raumhaltens“, das für den Yogaunterricht essentiell wichtig ist, kurz beschreiben? Und wie kann man diese Fähigkeit am besten lernen?

Dieses Prinzip lässt sich jeden Tag im Umgang mit unseren Mitmenschen üben. Durch achtsames Zuhören ohne unsere eigene Story kundzutun oder das Erzählte gleich auf uns umzusetzen. Wir hören zu und durch unsere Präsenz hat das gegenüber die Möglichkeit in den eigenen Prozess zu gehen. Wenn ich zum Beispiel mit einer Freundin zusammen sitze, die mir von ihrem Mann erzählt, dann fange ich nicht an gleich im Kopf darüber nachzudenken, wie das denn bei meinem Mann so ist oder steige vielleicht sogar auf Beschwerden ein. Nein; ich bin da und offen für alles, was die Freundin erzählt. Höre zu und gebe ihr den Raum, den sie braucht um ihre Erfahrung zu machen und ihren Prozess zu durchlaufen. Dieses Prinzip findet sich schon in der Yogaphilosophie. Shiva als das Höchste Bewusstsein hält den Raum, damit  Shakti, die manifestierenden Kraft, ihre schöpferische Kraft zum Ausdruck bringen kann.

Wir alle sind auf dieser Welt, um Großartiges zu schaffen und unser Licht strahlen zu lassen. Nicht immer sieht der graue Alltag allerdings nach Sternenhimmel aus. Was tut ihr, um euch immer wieder daran zu erinnern?

Tina:  “Für mich gehört zum Sternenhimmel und Strahlen auch das Gegenüber; also die dunkle Nacht oder der Schleier, der das Strahlen verdeckt. Die universelle Bewegung alles Seins ist das Pulsieren der Gegensätze. Alles hat einen Gegenüber. Durch die Praxis habe ich ein tiefes Vertrauen in die Hochs und Tiefs des Lebens gewonnen, Ich habe von großartigen Lehrern lernen dürfen, dass alles höchstes Bewusstsein ist und glaube zu beginnen dies wirklich zu verstehen/fühlen – über das mentale Begreifen hinaus.”

Maren: “Licht und Dunkelheit gehören zueinander. Permanent das eigene Licht strahlen lassen zu können, ist eine Illusion. Die regelmäßige eigene Praxis und vor allem die Meditation erinnern uns an die Dualität des Lebens und bieten einen Weg, damit eleganter umzugehen. Mit Hingabe und Geduld können wir tatsächlich Großartiges schaffen – wie auch immer, dass für jeden Einzelnen aussehen mag.”

 

Über die Autorinnen:
Maren Brand unterrichtet seit 2007 vom Anusara-Stil inspiriertes Hatha-Yoga. Sie hat ihre Ausbildung in Berlin, Thailand und Costa Rica absolviert. Christina Lobe ist seit 2005 Anusara-Yogalehrerin. Ihre Basis ist ein ausrichtungsbasierter Yogastil, den sie mit Lehren aus der Tantrischen Philosophie anreichert. Beide bieten neben ihre Kursen Workshops und Retreats an. 

Yoga lehren
Maren Brand und Christina Lobe
260 Seiten; 28,00 Euro
Theseus Verlag 

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