Ich tippe diese Zeilen in der Mittagspause auf meinem kleinen Mini-Balkon. Ich muss mich beeilen, den gleich schreit das Kind und wird wach. Meine Minuten an jedem Tag sind gezählt. Die freie Zeit fülle ich damit das Kind zu bespaßen. Ich renne jeden Morgen und jeden Nachmittag mit dem Kinderwagen durch die Gegend. Packe das Kind aus, lasse es laufen, um es dann wieder einzusammeln und es schreiend wieder in den Kinderwagen zu packen. Täglich grüßt das Murmeltier. In mir drin brodelt ein Feuer an Ideen und Themen, die alle aus mir raus wollen, aber mir fehlt die Zeit. Ich weiß, dass es auch anderen so geht, aber an schlimmen Tagen macht es das einfach nicht besser.
Todo-Liste für das gute Gefühl & ein verrückter Traum
Heute habe ich außerdem das Gefühl eine besonders schlechte Mutter zu sein, die noch dazu nichts geschafft bekommt. Neulich las ich, dass wir auf eine Todo-Liste auch Nonsens-Punkte schreiben können. Allein das reine Abhaken der Punkte sorgt in uns für ein Wohlgefühl. Wir können uns also selber austricksen. Etwa so: Zähne geputzt, Hände gewaschen, Mittagessen gekocht, Kind ins Bett gebracht – diese Punkte kann ich kopieren und jeden Tag neu in meinen Kalender einsetzen und wenn ich nicht gerade was beim Asiaten um die Ecke hole, auch alle abhaken. Aber das reicht mir leider nicht.
Da in meinem Leben gerade relativ wenig passiert (eine Freundin sagte neulich ich würde spinnen, im Gegensatz zu ihr, wäre das bei mir reinstes Entertainment-Programm), träume ich gerade ganz aktiv. Ganze Geschichten, alles voll bebildert. Es geht richtig wild zu, ich treibe mich auf Partys rum, trinke zu viel, liege irgendwo am Strand und tue seltsame Dinge. Neulich wachte ich morgens mit Rückenschmerzen auf, weil ich ein Akkordeon getragen hatte. Ja, richtig gelesen. Ich wachte wirklich auf und war der festen Überzeugung, dass man mir ein Akkordeon umgeschnallt hatte. Als mein Mann mich fragte: warum hast du Schmerzen? Sagte ich glasklar: Ich habe ein Akkordeon getragen. Noch Fragen?
Im Traum war ich kurz davor ein Auslandssemester in Spanien anzutreten und schmiss eine Abschiedsparty. Das Setting war unsere Abschiedsparty in Düsseldorf, die wir machten, als wir nach Dubai gingen. Mann und Kind hatte ich auf geträumter Party irgendwie nicht, dafür war Edward Simoni da. Kennt den jemand? Der spielt Panflöte war aber an dem Abend mit Akkordeon unterwegs. Das schnallte er mir um und ich feierte den Rest der Party mit Akkordeon. Kein Wunder also, dass man das am nächsten Rückenschmerzen hat.
Kein Bock auf Spiri-Blase
Jetzt knallt sie durch, denkt ihr euch. Berechtigt. Aber wenigstens hatte ich an dem Tag immer wieder Grund über mich selbst zu lachen. Weniger witzig finde ich gerade die spirituelle Szene, die mir immer mehr so vorkommt, als ob sich alle hinter sich selbst verstecken. Ich will mich nicht verstecken und will nicht mein halbes Leben im Bikini auf Bali abhängen oder in einer Hippie-Hütte auf Indien – wobei, klar, manchmal träume auch ich mich weg. Zum Beispiel wenn das Kind eine Packung Slipeinlagen in die Badewanne schmeißt und ich stundenlang eklig aufgeschwemmte Einlagen aus dem Badewasser fische.
Ich lebe ein Familien-, Mama- und Selbstständigkeitsleben mit Ecken und Kanten, mit Bedenken und Unsicherheiten – und ich versuche ein paar Dinge anders zu machen. Ich möchte mich aber nicht in einer Blase verstecken. Wie soll mir jemand, der vor dem eigentlichen Leben wegrennt, Tipps für mein verrücktes Familienleben geben können? Spiritualität und tägliche Meditation sind einfacher, wenn wir bei 30 Grad in der Sonne am Strand abhängen und dreimal am Tag Yoga machen. Richtig interessant wird es aber, wenn wir versuchen all das in unser lautes Leben zu integrieren, das ist die Kunst. Und mal ehrlich, das ist knallharte Arbeit.
Alles Liebe,
deine Simone