Das Schönste am Bloggen ist ja, dass man immer wieder auf andere tolle Blogs stößt. Einer meiner Lieblingsblogs aus diesem Jahr ist definitv der Blog „Fructopia“ von Deniz. Hier dreht sich alles auf besonders schöne Weise um das Thema Fructoseintoleranz. Durch Fructopia bin ich auf das spannende Ernährungskonzept FODMAP aufmerksam geworden. Seit ich tiefer eingetaucht bin, macht es für mich immer mehr Sinn weizenfrei zu leben, es zumindest zu versuchen. Und für all diese Themen ist Deniz eine wahre Expertin. Wie ihr Weg dort hin, war, was sie motiviert hat und warum man eine Unverträglichkeit als Chance begreifen sollte, könnt ihr im Interview lesen:
1) Für alle, die deinen Blog Fructopia nicht kennen, stell dich den Lesern einmal kurz vor.
Deniz:Danke für die Einladung liebe Simone! Ich bin Deniz, lebe aktuell zwischen Berlin und Istanbul und blogge seit drei Jahren auf Fructopia.de über meinen zuckerfreien Alltag. Genauer gesagt, zeige ich, dass das Leben mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten nicht nur aus Verzicht und fader Diätkost besteht, sondern auch aus köstlichen und wohltuenden Leckereien bestehen kann. Fructosarm, FODMAP-arm, weizen-frei, zuckerfrei – diese Labels sind zwar allesamt richtig, aber nach Küchenkunst hört sich das weniger an. Ich bin lieber für besser, bewusster und leckerer! :)
2) Seit wann lebst du mit der Diagnose „Fructosemalabsorption“?
Deniz:Mittlerweile sind das fast 6 Jahre! Wenn ich zurückblicke hab ich eine ganz schöne Reise hinter mir.
3) Wie ist es dazu gekommen, dass du dich entschlossen hast, einen Blog zu dem Thema zu schreiben?
Deniz: Als ich damals die Diagnose bekam, gab es so gut wie keine Informationen zum Thema Fructoseintoleranz. Und wenn, war kaum etwas brauchbares dabei: Tabellen, theoretische Abhandlungen und langweilige Rezepte mit Sahne und Reis. In sämtlichen deutschen Foren wurde zudem nur gefrustet und gemeckert, anstatt sich an kreativen Lösungen zu versuchen. Damit konnte ich mich überhaupt nicht identifizieren. Ich habe die Fructoseintoleranz schon immer als Chance gesehen um einiges gerade zu biegen, was ganz arg optimierungsbedürftig war: Meine Ernährung! Im englischsprachigen Blograum sah das schon rosiger aus, aber nur wenige sprachen wirklich offen über das Thema. Wer diskutiert schon gerne öffentlich das Innenleben seines Darms? Irgendwann hab ich mir selbst einen Ruck gegeben. Der Wunsch anderen dabei zu helfen, eventuell schneller auf die richtige Diagnose und zu einem beschwerdefreieren Alltag zu kommen war stärker als meine Angst mich zu blamieren.
4) Du ernährst dich nicht nur fructosefrei, sondern du verzichtest ebenfalls auf Zucker und auf Weizen. Warum hast du dich dazu entschieden?
Deniz: Diese Entscheidungen fielen schrittweise. Zuerst reduzierte ich die Fructose aus Früchten, Obst und Fertigprodukten. Auch Süßigkeiten waren Tabu, wobei man gerade am Anfang häufig schwach wird. Ich redete mir ein, dass ich mir nach so viel eiserner Disziplin den gelegentlichen Kinderriegel durchaus verdient habe. Schnell gestand ich mir aber ein, dass diese “Cheat Days” es nicht wert sind. Nach dem “Genuss” ging es mir meist erst richtig mies und mein Körper blieb sofort wieder auf dem Zucker hängen. Erst Wochen nachdem ich Süßigkeiten und Haushaltszucker komplett den Rücken kehrte, erholte sich mein Körper langsam. Ich hatte endlich meinen Alltag zurück ohne ständig an Süßes denken zu müssen. Allein der abendliche Fructose-Blähbauch blieb. Irgendwann bin ich auf den FODMAP-Ansatz gestoßen, der von der Monash Universität in Australien für Patienten mit Unverträglichkeiten und Reizdarm entwickelt wurde. Statt nur auf den Fructosegehalt zu achten, geht der Ansatz noch einen Schritt weiter. Auch andere Formen von Kohlenhydraten und Zuckeralkohole, die häufig zu Beschwerden führen, werden reduziert. Während in Deutschland zwischen Weizenkonsum und Fructoseintoleranz keine Verbindung gezogen wird, sagt Monash ganz bestimmt, dass Weizen bei fast allen Betroffenen zu Symptomen führt. Ich bin aus allen Wolken gefallen! Erst kurz vorher war ich nach Istanbul gezogen, womit sich mein Weizenkonsum quasi über Nacht verdoppelte. Mir war ziemlich schnell klar, daran muss es liegen! Zuerst ließ ich mich auf ein drei Monate beschränktes Experiment ein, das ich auch auf fructopia.de dokumentiert habe. Das Ergebnis war jedoch eindeutig, sodass ich dabei geblieben bin und seitdem komplett auf Weizen verzichte.
5) Du hast ein Buch „Fructopia: Meine besten Rezpete ohne Fructose“ auf den Markt gebracht. Wie hat sich das ergeben? Und wie hat es sich angefühlt, als du das Buch das erste Mal in den Händen halten konntest?
Deniz: Ein halbes Jahr nachdem Fructopia zum ersten Mal live ging, klopfte der Trias Verlag bei mir an und fragte, ob wir nicht gemeinsam ein Kochbuch schreiben wollen. Ich habe mir nie erträumen lassen, dass ich jemals über 90 eigene Rezepte entwickeln würde, die dann auch noch zwischen zwei Buchdeckel gepackt werden. Das war schon eine ziemlich aufregende Zeit und ich habe wahnsinnig viel gelernt während des gesamten Prozesses. Zwischen Abgabe und Buchveröffentlichung lagen fast 8 Monate. Teilweise hatte ich schon wieder vergessen, wie viel Arbeit und Liebe eigentlich in das Buch geflossen sind. Zum Veröffentlichungsdatum war ich in Istanbul, sodass meine Familie und meine Leser das Buch sogar noch vor mir in den Händen halten durften. Das war schon ziemlich skuril.
6) Hast du ein Lieblingsrezept, dass du empfehlen kannst? Eines, das einfach, schnell und zugleich lecker ist?
Deniz: Auf ein Lieblingsrezept kann ich mich kaum festlegen, dafür hab ich viel zu lange gegrübelt, bis ich mich auf die Rezepte für das Buch festlegen konnte. Einfach, schnell und lecker sind meine fructosearmen Müsliriegel, die Ingwer-Gewürzpasta oder mein cremiger Makrelen-Dip. Und an grauen Winterabenden gibt’s eine Tasse goldene Kurkuma-Milch!
7) Welche Produkte sind seit deiner Ernährungsumstellung nicht mehr aus der Küche wegzudenken?
Deniz: Im Prinzip alles was heute in meinem Kühl- und Vorratsschrank steht! Ich schüttele selbst den Kopf, was ich vor der Ernährungsumstellung alles gegessen habe: Tütensuppe, Mikrowelenlasagne, Streuseltaler von Kamps und Salatdressings aus der Flasche, um mal ein paar Dinge zu nennen. Ich musste Essen komplett neu erlernen. Heute kommt nur noch Frisches auf den Tisch. Meine Lieblingszutaten sind Kokosöl, frische Kräuter, Zimt, Vanille, Kurkurma, Ingwer, Kürbiskerne und Hirse. Allesamt Zutaten mit denen man seine Gerichte richtig kreativ aufmischen und eine Menge Nährstoffe verleihen kann.
8) Was rätst du anderen Betroffenen, wenn sie dich nach Tipps fragen?
Deniz: Hör auf Deinen eigenen Körper und lass Dich nicht von anderen verrückt machen. Lass die Finger von Weizen und Zucker! Am Anfang ist das schwer, Rückfälle gehören dazu. Hauptsache Du bleibst dran! Du wirst Dich wundern wie sehr sich dein Alltag, dein Körper und dein Lebensgefühl verändern!
9) Ich habe nach meinem Artikel von vielen Seiten das Feedback bekommen, dass es Sinn macht nicht nur die Symptome durch eine angepasste Ernährung zu mildern, sondern auch nach den Ursachen zu suchen. Mich würde deine Meinung dazu interessieren!
Deniz: Das ist ein spannendes Thema. Ich bin ebenfalls Verfechter davon, tiefer zu schauen und die wahre Ursache für bestimmte Probleme zu finden. Eine einseitige Ernährung, sprich zu viel Zucker, zu viel Weizen, zu viel verarbeitete Lebensmittel, müssen nicht der einzige Auslöser für eine Fructoseintoleranz oder andere Unverträglichkeiten sein. Es gibt mittlerweile viele Theorien, wie es zu Lebensmittelintoleranzen kommt: Übermäßig häufige Anwendung von Antibiotika, jahrelanges schlucken von Säureblockern, eine unentdeckte Borreliose oder eine tägliche Belastung durch Hormone wie die Pille. Daher sollte sich jeder Betroffene die Frage stellen “Gab es in der Vergangenheit Zeiten, in denen ich übermäßig viele Medikamente genommen habe? Wenn ja, wann sind meine Probleme eigentlich aufgetaucht?” Ich habe selbst über 10 Jahre mit der Pille verhütet und täglich diese Hormone in mich hineinschüttet. Vor einem Jahr hat es mir dann gereicht und sie ist über Nacht in den Müll gewandert. Seitdem hat sich meine Verdauung nochmal ein gutes Stück normalisiert. Aber natürlich kann ich im Nachhinein nicht sagen, ob die Pille wirklich der oder einer der Hauptauslöser für meine Fructoseintoleranz war. Aber, dass sie einen Einfluss darauf hatte, davon bin ich mittlerweile fest überzeugt.
10) Was war die schönste Erfahrung, die sich durch dein Blogprojekt ergeben hat?
Deniz: Ich bekomme immer noch Gänsehaut wenn ich mir all die wunderbaren Kommentare in Erinnerung rufe, die ich zu meinem Blog und meinem Kochbuch bekommen habe. Viele meiner Leser sind unfassbar dankbar dafür, dass ich so positiv über das Thema berichte und meine Tipps weitergebe. Dadurch hat sich auch für andere der Alltag zum Besseren verändert. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich so eine wichtige Rolle im Leben anderer Betroffener spielen darf.
Liebe Deniz, ich danke dir für deine tollen und hilfreichen Antworten! Ich freue mich gerade sehr, dass deine Antworten so schön zudem passen, was mich gerade beschäftigt und was demnächst hier noch angesprochen werden soll!
eure amy
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