In diesem Jahr bin ich tatsächlich am 1. Januar 2018 in einen Flieger gestiegen und habe mich von Düsseldorf zurück auf den Weg nach Dubai gemacht. Problemlos, ich habe schließlich Silvester mit Wasser, Saft und Tee verbracht, was mir übrigens nichts, aber auch gar nichts ausgemacht hat. Direkt am 2. Januar stand für mich eine wichtige Untersuchung an, die ich aufgrund von privatem Durcheinander verschieben musste und die mich überrascht zurückließ.
Dr. Mira, die konvertierte Sambatänzerin
Nach einem langen Flug landete ich erst um halb drei Uhr morgens im Bett und war dann am 2. Januar so platt, dass ich fast mit dem Kopf auf dem Schreibtisch eingepennt wäre. Der Jetlag, die Schwangerschaft, das viele Auf und ab in Düsseldorf – irgendwie hatte mich das alles ganz schön geschlaucht. Um zwei Uhr stand ich in der Sheik Mahamad Trallala Polyclinic auf der Matte, bzw. an der Rezeption. Schon nach einer Minute Aufenthalt war mir klar, warum das mit Terminverschiebungen hier so kompliziert gewesen war. Die Rezeptionsfrau war, sagen wir es so, leicht verwirrt und hatte wohl auch wenig geschlafen.
Endlich kam die Krankenschwester für den ersten Check. Bis auf einen viel zu niedrigen Blutdruck war alles im grünen Bereich und weiter ging’s zu Dr. Mira. Die Ärztin schüttelte zu Beginn ganz einfühlsam meine Hand und war zuckersüß. Dann wollte sie allerhand Dinge auf’s Datum genau wissen, von denen ich nicht die geringste Ahnung hatte. Wer weiß schon alles bis auf’s Datum genau, ich bin kein laufender medizinischer Kalender meiner Selbst. Zwischen all diesen Fragen, deutetet Dr. Mira an die Wände des Zimmers und auf ihre Bilder: „Das sind alles meine Bilder. Ich male. Replikationen, sehr kompliziert.“ Ein kleiner Vorgeschmack auf den Privatplausch, der noch folgen sollte.
Nach dieser kurzen „Dr. Mira-Künstlerin-Ärztin-Bühnenpräsenz“ überprüfte sie die von der Schwester gemessen Werte. Bis vor zwei Minuten war mir Dr. Mira noch sympathisch. Doch dann stellte sie fest, dass ich mit 54,5 kg in die Schwangerschaft gestartet war und nun ganze 58 kg auf die Waage brachte. Ihre Alarmglocken gingen an.
„Oh, oh, wie haben sie denn das geschafft? Eine Zunahme von 3,5 kg in den ersten drei Monaten – da war Weihnachten wohl sehr lecker.“
Ich denke kurz darüber nach, über diese überflüssige deplatzierte Aussage, von Frau zu Frau, von Ärztin zu schwangerer Patientin, überlege mir jedoch, ganz unüblich für mich, erst mal nicht darauf einzugehen. Denn: Es ist mir egal! Hallo, ich bin schwanger. Na klar, nehme ich da zu.
Happiness & Geschwollene Brüste
Dann darf ich auf ihrem Untersuchungsstuhl Platz nehmen und während Dr. Mira mir das Spekulum einführt, berichtet sie mir, dass sie ursprünglich aus Paris kommt und auch dort zur Ärztin ausgebildet wurde. Sie schaut mir abwechselnd in die Augen und in die Vagina und berichtet begeistert, dass sie damals Samba getanzt habe. Die Männer haben sie angeschaut, das waren zu viele Männeraugen, so dass einer ihrer Brüder zu ihr sagte: „Mira, du musst beten“.
Jetzt tastet sie meine Brüste ab und entschuldigt sich dabei mehrmals. Ich habe nicht die leiseste Ahnung warum. Und zack, aus dem Ratschlag des Bruders wurde, dass Dr. Mir nun zum Islam konvertiert. Daher trage sie nun auch Kopftuch, das sei mir sicher aufgefallen und in einem Atemzug prabbelt sie: „Oh, ihre Brüste sind ganz schön dick und geschwollen.“
Ja, richtig, ich bin ja auch schwanger, da ist das nicht ungewöhnlich, möchte ich schreien. Ich könnte Samba damit tanzen, überlege ich mir, und sie im Takt auf- und ab hüpfen lassen.
Sie ergänzt keck: „Aber das ist nach der Schwangerschaft alles wieder weg.“ Wie sagte meine Schwester an Weihnachten so treffend: Das fällt nach der Schwangerschaft alles zusammen wie ein Kartenhaus. Wenigstens bin ich vorbereitet.
Danach können wir endlich zum Sonogramm übergehen, um das Baby anzuschauen. Ab diesem Zeitpunkt quietscht Dr. Mira nur noch vergnügt herum. „Ich bin happy, happy, happy – es hat eine Wirbelsäule und es hat zwei Arme und zwei Beine.“ Okeeeee.
„Ein super Baby, ein super Baby.“ Sie quietscht, ich erschrecke, schließlich steckt auch dieser Stab in mir. „Jetzt öffnet es den Mund!“
Irgendwie beschleicht mich das Gefühl Dr. Mira sieht zum ersten Mal ein Neugeborenes. Dann wird sie ernst, eine Gewitterwolke zieht am hellblauen Babyhimmel auf, und sie verkündet, dass meine Plazenta zu tief sitze. Aha. Und weiter: „Das bedeutet keinen Sex, nicht zu viel laufen, nicht zu viele wackelige Autofahrten und keinen Sport.“ Ach so, dann laufe ich ab jetzt in meiner Wohnung im Kreis?
Ich hake kurz nach: „Ich praktiziere und unterrichte Yoga, wie sieht es damit aus?“
Darauf antwortet sie mit meiner Lieblingsantwort: „Sie können Kopf, Arme und Beine bewegen . nur die Mitte des Körpers nicht.“ Na, dann ist ja alles tutti. Wer kennt ihn nicht den Sport, bei dem man nur Kopf und Arme bewegt und der Rest steif bleibt!
Salam Aleikum
Zum Abschluss lasse ich noch einige Tests über mich ergehen, habe mittelgute Laune und notiere alles, was Dr. Mira mir einflößt. Die Auflage mich kaum zu bewegen gefällt mir gar nicht, denn ich kenne mich, keine Bewegung bedeutet ganz klar schlechte Laune, auch wenn mir klar ist, dass ich mich die nächsten Tage etwas ausruhen sollte. Zum Abschluss erklärt mir Dr. Mira noch mal, wie sie nun zum Islam gekommen sei und dass sie momentan mit einem britischen Lehrer studiere. Diese Religion sei ihr ein und alles. Ich gebe ihr die Hand, möchte „Danke und Tschüssi“ sagen und dann umschließt sie wie zu Beginn meine Hand mit ihren Händen und erläutert mit weicher Stimme, mir tief in die Augen blickend, die Bedeutung von „Salam aleikum“. Wenn ich nach Erlösung oder Befreiung suche, dann sei Salam Aleikum genau mein Weg. Es nehme alle Last von meine Schultern, befreie mich aus der Dunkelheit. Ich möchte meine Hand weg ziehen, das wird mit hier zu bunt, äh religiös.
Ich lächle freundlich, sage „bye, bye “ und denke mir: Du dein Salam Aleikum, ich meine Meditation. AMEN.